Die Moswinkel´s

 

5 spannende Jahre an der Wolga

Irgendwann in der 11. Klasse fragte man mich, ob ich Interesse an einem Auslandsstudium hätte. Oh je - die kleine Petra, die immer viel an Muttis Rockzipfel gehangen hatte, sollte in die Fremde gehen? Schließlich überwog die Neugier auf die Ferne, das Neue, die Möglichkeit zu reisen. Und so stimmte ich zu, absolvierte gemeinsam mit vielen anderen die 12. Klasse als ein Vorbereitungsjahr auf das Auslandsstudium an der Arbeiter- und Bauern-Fakultät (ABF) in Halle/S.

Im Sommer 1982 starteten wir dann in das große Abenteuer, zunächst nach Woronesh, wo ich die nächsten 5 Jahre verbringen wollte. Doch manchmal kommt es anders als geplant und so ging es nach dem Sprachkurs in Woronesh noch einmal rund 1000 km weiter - nach Kasan an die Wolga, in die Hauptstadt Tatarstans (damals Tatarische Autonome Sowjetrepublik). In den nächsten 5 Jahren war das Wohnheim Nr. 3 in der ul. Kutuya 2B, Zimmer 285 meine Heimat.

Von 1982 bis 1987 studierte ich an der Kasaner Staatlichen Universität "W.I.Uljanow-Lenin" (heute Kasaner Föderale Universität), an der Philologischen Fakultät (filfak) in der Studienrichtung Russische Sprache und Literatur. Die ersten Vorlesungen brachten die Erkenntnis, dass man trotz Russischunterricht seit der 3. Klasse sehr wenig verstand. Aber nach und nach wurde es besser, man musste das Gehörte nicht mehr bewußt übersetzen und schließlich dachte man irgendwie auf Russisch. Und schließlich waren wir am Ende der 5 Jahre Dipl.-Slawisten.

Das Leben 3000 km entfernt von zu Hause war nicht immer einfach, aber es war eine einmalige Erfahrung. Diese Distanz zur Heimat verband uns, aber wir hatten auch gute Kontakte zu den Einheimischen sowie den anderen ausländischen Studenten. Das Gefühl selbst Ausländer zu sein ist nicht vergessen. In Kasan war die Versorgung nicht so gut, für Wurst, Fleisch und Butter gab es Lebensmittelmarken - aber wir sind nicht verhungert, man mußte eben etwas kreativ sein. Wir lebten meist in 4-Mann-Zimmern, ein oder zwei Deutsche mit Russen, Tataren oder anderen Nationalitäten. An die hygienischen Umstände mußte man sich erst gewöhnen, aber schließlich war man da auch nicht mehr so zimperlich. Auch war man nach einiger Zeit geübt im Jagen von Kakerlaken. Aber man lernte auch viele Bräuche kennen, z.B. das ausgiebige Teetrinken mit Warenje (Konfitüre) oder gezuckerter Kondensmilch dazu. Überhaupt erinnere ich mich gern an Piroggen, Plow, Smetana (Schmand), leckere Konfekt, Eis selbst bei Minusgraden und andere Leckereien. Auch die Winter waren recht hart, es gab starken Frost und viel Schnee - trotzdem fror man irgendwie nicht so wie in nasskalten deutschen Wintern. Die schlimmste Zeit im Winter war Weihnachten, da wurde das Heimweh groß. Aber wir deutschen saßen dann Heiligabend zusammen und in der Gemeinschaft wurde es erträglicher. 2 x im Jahr ging es nach Hause - 3 Wochen im Winter und 8 Wochen im Sommer - man fieberte immer lange darauf hin (allerdings wurde mein Reisefieber immer durch panische Flugangst gedämpft).

Im Juli 1983 führte uns ein Praktikum nach Leningrad (heute St. Petersburg). Wir besichtigten täglich mehrere Museen, schrieben darüber Tagebuch. So waren wir in der Ermitage, besichtigten Petrodvorez (Peterhof), die Peter-Paul-Festung, die Isaak-Kathedrale und vieles mehr.

Im gleichen Sommer starteten wir mit Baubrigaden in alle Richtungen Tatariens. Diese bestanden aus Studenten, welche an verschiedenen Orten Bauarbeiten, Malerarbeiten u.ä. durchführten. 3 Freundinnen und mich führe die Reise im Doppeldecker AN-2 ins Gebiet Nurlat, in das Dorf Krivoje Osero. Wir wohnten in der Turnhalle der Dorfschule und verputzten den dortigen Kuhstall, der jedes Jahr von den Studenten weitergebaut wurde.

im Sommer 1985 führte das zweite Praktikum nach Kiew. Auch dort bekamen wir unheimlich viel zu sehen, wie z.B. das Höhlenkloster, viele Kirchen, Museen.

Hier möchte ich nun ein paar Impressionen dieser 5 Jahre zeigen. Die folgenden Fotos sind leider sehr schlecht - sie sind entweder von alten schwarz-weiß Fotos gescannt oder stammen von Dias, das war damals die kostengünstigere Variante Farbaufnahmen zu machen.

Kasan:

Moskau

Leningrad:

Kiew